Bric Brac
Jedes Jahr lässt uns der Circus Monti von Neuem staunen. Das diesjährige Programm «bric-brac» ist bildgewaltig, erzählstark, akrobatisch und verzaubert Klein und Gross. Besonders herausragend sind die Akrobatik- und Clown-Nummern. Der Kulturtipp von Alina und Lena Facchinetti.
Wahnsinn, was so alles in einer Kommode drinsteckt! Das ist aber auch kein Wunder, wenn das Mobelstück so gross wie ein Wohnwagen ist. Vor der Vorstellung steht es auf der Manege, bevor dann die ersten Schubladen auf- und zugehen und ideenreiche, eindrückliche und aussergewöhnliche Zirkus-Nummern zum Vorschein kommen.
Die Nummern, die Live-Musik und die Kostüme: alles ist aus einem Guss. Und einmal mehr sind die Artist:innen einzigartig und unvergleichlich. In diesem Jahr stehen jedoch weniger die einzelnen Nummern im Fokus, was Platz für einen wunderbaren Reigen an Geschichten schafft, die das Publikum berühren und in poetische Welten entführen.
Unzählige zauberhafte Details
Jedes Jahr schafft es das Ensemble die einzelnen Nummern als Ganzes zu verbinden und sie nicht bloss aneinander zu reihen. Die Übergänge sind fliessend und mit vielen zauberhaften Details versehen. Beispielsweise fällt der Aufbau der ersten Darbietung von Marceau Bidal (Strapaten) gar nicht auf, da die anderen Artist:innen vielfältig mit Papierblättern spielen – und ganz plötzlich schwebt Bidal in der Luft und baut Papierblätter in seine Nummer ein, indem er sie immer wieder in die Hand nimmt und von oben herabregnen oder auch mal herabschweben lässt, passend zu seiner Nummer in luftiger Höhe.
Das diesjährige Programm ist aber auch unglaublich witzig. Obwohl die einzelnen Nummern sehr anstrengend sind und viel Konzentration erfordern. Stets verleihen die Artist:innen den Darbietungen eine grosse Leichtigkeit. Besonders gelungen ist die Nummer bei der zwei Figuren ein Sprintrennen dirigieren und als der Startschuss fällt, dürfen alle losrennen. Das Ensemble rennt aber nicht wortwörtlich aus der Manege, sondern bewegt sich gaaaaanz langsam auf das Publikum zu, sodass es aussieht als hätte jemand die Zeitlupe gedrückt.
Schon beim ersten Auftritt der Clowns (Emma Verhaeghe und Joaquim Verrier) wird klar: Hier wird nicht einfach nur einfältig in roter Nase herumgealbert. Die Clowns überzeugen mit ihren kurzen Tänzen, Musikeinlagen mit Trompete und Akkordeon und vor allem mit ihrer Gestik und Gelenkigkeit. Besonders bemerkenswert ist die nonverbale Kommunikation zwischen den beiden. Abgesehen von den dramatischen inszenierten Ausrufen «Bats, Noooooo!» verständigten sie sich nahezu ausschließlich über Mimik, Bewegung und Rhythmus. Die beiden Clowns sorgen für Leichtigkeit und Kontinuität und strukturierten den Abend mit viel Charme und Witz.
Das grosse Highlight ist die Einrad-Nummer
Ein besonderes Highlight des Programms ist die Einrad-Nummer, die sowohl technisch als auch ästhetisch beeindruckt. Während der Artist Gabriel Lorenzo auf dem Einrad seine Runden dreht, präsentiert die Artistin Catarina Vilas Boas eine Abfolge akrobatischer Figuren. Der Höhepunkt dieser Nummer ist der Moment, in dem sie sich stehend auf seinem Kopf aufrichtet. Diese Szene setzt enorm viel Körperbeherrschung und Vertrauen voraus. Umso erstaunlicher ist es, dass Catarina Vilas Boas alle akrobatischen Nummern mit einer scheinbaren Beiläufigkeit vollführt und immer wieder ansteckend kichert und laut lacht. Atemberaubend und exzellent!
Der Circus Monti ist noch bis am 26.Oktober auf der Allmend in Bern zu sehen. Hier geht’s zu den Veranstaltungen und Reservationen.
