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Blumkas Tagebuch

| Fachredaktion | Bilderbuch

Die polnische Künstlerin und Buchautorin Iwona Chmielewska war im Rahmen einer Korczak-Veranstaltungsreihe zu Gast in Bern. In „Blumkas Tagebuch“ erzählt sie in schlichten Texten und vielschichtigen Bildern vom Leben des jüdisch-polnischen Arztes und Pädagogen Janusz Korczak.


Viele kennen Janusz Korczak als den Märtyrer, der wissentlich mit seinen Zöglingen in den Tod ging: 1942 wurde er mitsamt den Kindern des von ihm geleiteten jüdischen Heims deportiert.

„Blumkas Tagebuch“, das fiktive Tagebuch eines Waisenmädchens, zeigt etwas anderes. Nämlich das Leben vor der Deportaion, die Grundsätze, die im „Dom Sierot“ in Warschau nicht nur propagiert, sondern auch gelebt wurden. Hier waren Kinder genau so wichtig wie Erwachsene, es gab keinen Unterschied zwischen Jungen und Mädchen, wer Unrecht getan hatte, musste sich vor einem „Kindergericht“ verantworten – egal ob Erzieherin oder Heimkind.


Intensive Auseinandersetzung während acht Jahren

Korczaks Ideen fanden Einzug in die moderne Pädagogik. Mit „Blumkas Tagebuch“ wollte die polnische Autorin und Illustratorin Iwona Chmielewska den grossen Pädagogen in Erinnerung rufen. Acht Jahre lang hat sie sich intensiv mit Korczaks Leben und Werk auseinandergesetzt. „Erst dann war ich psychisch so weit, das Buch zu schaffen“, sagt sie am Rande eines Kinderworkshops in Bern. Dieser fand im Rahmen einer Korczak-Veranstaltungsreihe mit Ausstellung, Konzerten, Vorträgen und Filmvorführungen statt.

Chmielewska sieht sich als eine Art Sprachrohr Korczaks. Dessen Kernbotschaft lautet: „Achtet die Kinderrechte.“ Im Buch sind 12 Kinder die Trägerinnen und Träger der Heimregeln. Diese Figuren sind am Anfang auf einer Gruppenfotografie zu sehen und führen durch die Geschichte. So etwa Zygmus, der einem Fisch das Leben schenkt. Pola, die in ihrem Ohr eine Erbse züchtet, oder Chaim, der Ameisen plagt und deshalb vors Kindergericht kommt.

Vergissmeinnicht

Für die Erinnerung steht in „Blumkas Tagebuch“ das Vergissmeinnicht, dieses kleine blau-violette Blümchen, das mal im Garten gepflegt, mal als Muster in einem Kleid erscheint.

„Es ist kein Buch über den Holocaust“, betont Chmielewska. „Aber für Erwachsene schwingt diese tragische Geschichte natürlich immer mit.“ Im Buch taucht immer wieder der Davidsstern auf: Als Schneekristall, auf einer verschmierten Fensterscheibe, auf zwei Briefumschlägen, die übereinander gelegt sind. „Ich wollte sehr dezent mit jüdischen Symbolen umgehen“, sagt Chmielewska. „Manche Leute bemerken die Davidssterne auch gar nicht.“

Diese Zurückhaltung kommt offenbar gut an. In den verschiedenen Workshops in Deutschland und der Schweiz hat Chmielewskas Verleger Adam Jaromir beobachtet: „Kinder erleben ‚Blumkas Tagebuch’ einfach als Geschichte über andere Kinder. Sie füllen die Geschichte mit ihrer eigenen Lebenswelt.“ Wenn im Buch ein Kind unter der Dusche steht, sieht ein Kind darin einfach ein anderes Kind, das sich wäscht – während manche Erwachsene wohl auch an die Gaskammern denken.

Genau diese Vielschichtigkeit, kombiniert mit einer Ästhetik, die noch in den kleinsten Details gepflegt wird, macht „Blumkas Tagebuch“ zu einem berührenden Werk für Kinder und Erwachsene.


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Fachredaktion

  • Titel
    Blumkas Tagebuch
  • Autor:in
    Iwona Chmielewska
  • Verlag
    Gimpel Verlag
  • Erscheinungsdatum
    2011
  • Seiten
    64
  • Illustrator:in
    Iwona Chmielewska
  • Bewertung