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Das blaue Monster will alles!

| Ina Nefzer | Bilderbuch

Aus Bilderbüchern fürs Leben lernen – im Kleinkindalter kein Problem, wenn Geschichten richtig Eindruck machen. „Das blaue Monster will alles!“ gelingt genau das, indem überdeutlich vorgemacht wird, wie man es richtig und wie man es falsch macht. Und das, ohne Eltern oder Kinder an den Pranger zu stellen. Monstermäßig gut! Der Tipp von Ina Nefzer. 

Dass diese Geschichte eigentlich vom Menschsein und dem Erziehen des Nachwuchses erzählt, obwohl blaue Monster die Hauptakteure sind, weiß man von der ersten Seite an. Denn die Eingangsszene spielt inmitten eines Wohnzimmers mit (Monster)Eltern, die den ersten Geburtstag ihres Kindes mit Kuchen, Kerze und Girlande feiern. Kein Wunder, wenn der Kleine ebenfalls ein Monster ist! Dass es aber auch andere Gründe geben mag, warum das Baby ein im metaphorischen Sinne unsympathisches Ungeheuer ist, davon erfährt, wer die Seite umblättert und in der Geschichte weiterliest.

Monsterbaby
Die Eltern begehen dort nämlich den grundlegendsten aller Erziehungsfehler: sie geben den Wünschen ihres Kleinen bedingungslos nach, um ihn glücklich zu sehen. Erst will der Nimmersatt einen neuen Kinderwagen, dann den alten Teddy nicht mehr. Die Eltern lassen sich nicht lumpen und schenken ihm sogar eine Babyschwester! Als die bald langweilig wird, wünscht sich das kleine blaue Monster den alten Teddy zurück und schließlich in einem schrecklichen Wutanfall „eine neue Mama und einen neuen Papa! Dann nahm es das ganze Geld, das ihm Oma gegeben hatte, und lief fort, um woanders ein neues Leben zu beginnen“.

Mehr als eine krasse Monsterstory
Nachdem der schlimmste aller familiären Notfälle eingetreten ist, zieht das kleine blaue Monster in die Welt und erfüllt sich einen Wunsch nach dem anderen bis es größenwahninnig sogar die Sonne schluckt. Mit der Dunkelheit kommt die Wende, reumütig kehrt der Kleine zurück und hat etwas sehr Wichtiges gelernt: in seiner Familie „hatte er alles, was er wirklich brauchte“.
Wie übertrieben, ja fast plakativ die Bilderwelt dieser Parabel ist, dürfte selbst kleine Betrachter auf die Idee bringen, dass da mehr dahintersteckt, als eine krasse Monsterstory. Zum einen bietet sich der Titelheld als Identifikationsfigur an, zum anderen sind unerfüllte Wünsche ein großes Entwicklungsthema. Indem das blaue Fabelkind ernst macht und abhaut, lotet es für den menschlichen Nachwuchs mögliche Konsequenzen aus und bringt so die Botschaft rein auf der Bildebene des Textes einleuchtend auf den Punkt. Die Illustrationen ziehen am selben Strang, spiegeln in ihrer Expressivität die Emotionalität des Kleinkindes ebenso wie die Intensität des Abenteuers, die Welt auf eigene Faust auszuloten und kennenzulernen.

Glück der Erkenntnis
Anders als in traditionell lehrhaften Geschichten, gibt es hier keine eindeutige Lesart: ob gezeigt werden soll, dass Erwachsene, die ihren Kindern keine Grenzen setzen, zu Monstereltern werden und aus ihrem Nachwuchs Monsterkinder machen? Ob Eltern – wie vorgemacht - gut daran tun, ihre Kleinen aus eigenem Handeln lernen zu lassen? Oder ob Kinder am besten aus solch witzigen Lehrparabeln Rückschlüsse ziehen sollten statt es selbst zu versuchen, bleibt jedem selbst überlassen. Doch egal wie der Weg dahin aussieht, die Botschaft ist klar: nur wer schätzt, was er hat, wird glücklich.


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Ina Nefzer

Ina Nefzer ist promovierte Germanistin mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur. 2001 bis 2006 war sie Chefredakteurin der Fachzeitschrift ESELSOHR, bis 2008 des Kindermagazins DER BUNTE HUND. Heu…
  • Titel
    Das blaue Monster will alles!
  • Autor:in
    Jeanne Willis
  • Genre
    Fiction
  • Verlag
    360° Grad-Verlag
  • Erscheinungsdatum
    2018
  • Seiten
    32
  • Illustrator:in
    Jenni Desmond
  • Bewertung