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Die Regeln des Sommers

| Fachredaktion | Bilderbuch

Ein Sommer, zwei Jungs, sechzehn Regeln, unendlich viele Geschichten. Im Spannungsfeld zwischen Bild und Text, Realität und Fantasie, Stadt und Hinterland sowie Zu- und Abneigung entfalten sich sommerliche Abenteuer, die ihren ganz eigenen Regeln folgen. So wie dieses aussergewöhnliche Bilderbuch.

In einem selbstgebauten, rostroten Flugobjekt, den Blick fest nach vorne gerichtet, düst ein Junge über saftig grüne Wiesen. Am Horizont ist schemenhaft eine Industriestadt zu erkennen, am rechten Bildrand blitzt die Vorstadt hinter einer Baumgruppe hervor. Unten, mitten im Grün, läuft ein zweiter Junge, die eine Hand streckt er nach dem Fliegenden aus, in der anderen hält er einen kleinen Koffer. Obwohl das Gras noch frisch und grün scheint, ist die Szene dort, wo der Junge mit seinem Luftschiff entlanggleitet, in herbstlich-goldenes Licht getaucht. Damit fängt alles an. Oder hört es so auf? Ist der Sommer vielleicht schon vorüber? «Also das habe ich im letzten Sommer gelernt», steht auf der nächsten Doppelseite. Nicht mehr und nicht weniger. Was folgt, sind sechzehn Regeln, die vermutlich von dem kleineren der beiden Jungen – dem, der hinter dem Luftschiff herrennt – aufgestellt wurden. Regeln wie «Nie eine rote Socke auf der Wäscheleine hängen lassen», «Nie einen perfekten Plan verderben» oder «Nie den letzten Sommertag verpassen».
Diesen knappen Anweisungen stehen faszinierende Ölbilder in kräftigen Farben gegenüber. Sie zeigen die beiden Jungen in heiteren, bittersüssen, ernsten, düsteren und manchmal sogar bedrohlichen, stets aber surreal anmutenden Augenblicken. Momentaufnahmen, die enthüllen, was droht, wenn die Regeln nicht eingehalten werden: Eine über Nacht offengelassene Hintertür verwandelt das Wohnzimmer in eine maritime Insellandschaft oder eine zertretene Schnecke löst einen zerstörerischen Wirbelsturm aus.
«Die Regeln des Sommers» ist kein Bilderbuch im herkömmlichen Sinn. Hier wird weder eine durchgehende Geschichte erzählt, noch erklärt, was es mit all dem auf sich hat. Und doch scheint alles ganz klar und auch folgerichtig zu sein. Denn was Shaun Tan erzählt, ist nicht nur universell verständlich, sondern verströmt auch eine besondere Magie, der man sich unmöglich entziehen kann.


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Fachredaktion

  • Titel
    Die Regeln des Sommers
  • Autor:in
    Shaun Tan
  • Verlag
    Aladin
  • Erscheinungsdatum
    2014
  • Seiten
    48
  • Übersetzer:in
    Eike Schönfeld
  • Bewertung