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Mondspringer

| Andrea Kromoser | Bilderbuch

Janice May Udry und Maurice Sendack erzählen in poetischen Momentaufnahmen eine ausdrucksstarke Geschichte vom Erkunden der Nacht mit Kinderaugen. Andrea Kromoser empfiehlt die Neuauflage des Bilderbuchs, die es ermöglicht, das grossartige Schaffen des Kinderbuchkünstlers Maurice Sendak in neuen Facetten bestaunen zu dürfen.

Die Sonne sinkt, der Mond geht auf. Rund ums Haus versammeln sich kleine Schatten. Es sind die Kinder, die in dieser Abendstunde zu Mondspringern werden.

Hüpfend und tanzend heißen sie die Zeit des Tages willkommen, an der sie ansonsten zu allermeist keinen Anteil haben. Diese laue Sommernacht jedoch übt grosse Faszination aus und möchte von Kinderaugen entdeckt und von Kinderfüssen barfuss erkundet werden:


„Wir klettern auf einen Baum. Einfach so, um nachts auf einen Baum zu sitzen. Und wir errichten ein kleines Lager, ganz so, als verbrächten wir die Nacht auf einer Insel. Wir denken uns Lieder aus. Und Gedichte. Und wir schlagen Purzelbäume im Gras."

Heimlich natürlich – das versteht sich fast von selbst. Vater und Mutter sitzen ruhig und scheinbar nichts ahnend im Inneren des Hauses. Diese Nacht gehört den Kindern mit all ihren phantasievollen Erkundungen und nächtlichen Erfahrungen. Sie beherrschen in den grossflächigen Illustrationen Maurice Sendaks (welche inmitten der Geschichte auf textlosen Doppelseiten weiter erzählen, was der Text und die kleineren Schwarz-Weiss-Illustrationen davor angedeutet haben) den Außenraum alleine für sich.

Den Erwachsenen ist der Innenraum vorbehalten. Selbst als die Mutter dem nächtlichen Treiben im Garten ein Ende setzt, bleibt sie an der Schwelle der Haustüre stehen: „'Kinder! O, Kinder! Es wird Zeit', sagt sie." Jedoch bleibt dieser, den Kindern zugestandene, natürliche Außenraum stets ein domestizierter, eingegrenzter Raum. Die tanzenden Kinder überschreiten die Grenzen des Gartenzaunes niemals, stets wird in den Bildern sichtbar, dass ein – zwar weitläufiger jedoch – eingezäunter Handlungsraum gezeigt wird, der den Kindern auch bei Nacht einen Schonraum bietet, welcher ihnen von ihren Spielen bei Tageslicht bereits vertraut ist.

Janice May Udry und Maurice Sendack erzählen in poetischen Momentaufnahmen eine ausdrucksstarke Geschichte vom Erkunden der Nacht mit Kinderaugen. Der Aladin-Verlag hat mit „Mondspringer" einen Text aus dem Jahre 1959 in schöner, bibliophiler Aufmachung zugänglich gemacht und somit ermöglicht, das grossartige Schaffen des Kinderbuchkünstlers Maurice Sendak (1928 – 2012, bekannt durch den Bilderbuchklassiker „Wo die wilden Kerle wohnen" aus 1963) in neuen Facetten bestaunen zu dürfen.


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Andrea Kromoser

Andrea Kromoser schreibt für Leporello über Bilderbücher, Kinderbücher und Jugendbücher.Andrea ist gelernte Buchhändlerin, sie hat Germanistik in Wien studiert und mittlerweile ihr Angebot familienle…
  • Titel
    Mondspringer
  • Autor:in
    Janice May Udry
  • Genre
    Fiction
  • Verlag
    Aladin
  • Erscheinungsdatum
    2013
  • Seiten
    32
  • Illustrator:in
    Maurice Sendak
  • Bewertung