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Tschiep!

| Ina Nefzer | Bilderbuch

In diesem Bilderbuch sucht ein Tierkind seine Mama. "Wie langweilig, das wurde doch schon tausendmal erzählt!" Wer das denkt, liegt völlig falsch. Denn Martin Baltscheit hat sich etwas einfallen lassen, um den bekannten und bewährten Erzählstoff neu glänzen zu lassen. Der Tipp von Ina Nefzer.

Tiere erkennt man an den wenigen charakteristischen Lauten, die sie von sich geben. „Wuff“ bedeutet Hund, „tschiep“ Vogel und „quak“ Frosch. Das, so erzählt Martin Baltscheit in seinem neuen Bilderbuch „Tschiep!“, war bislang auch im Tierreich so: jedes Tier „kann nur eine Sprache und darin bloss ein Wort“. Bis eines Tages ein kleiner Vogel, der aus dem Nest gefallen ist, nach seiner Mama fahndet. Ihr Erkennungszeichen? Sie singt ebenfalls „tschiep“.
Auf seiner Suche trifft er zuerst Frösche, die denken: „Für eine Fliege ist er zu gross, für einen Storch zu klein“. Auch das Vogelkind erkennt nur, was es kennt: „Für einen Wurm sind sie zu gross und für eine Mama singen sie zu schlecht“. So weit, so bekannt. Dann aber probiert der kleine Piepmatz etwas Neues aus und sagt „quak!“. Das lassen sich die Frösche nicht zweimal sagen und haben direkt Erfolg mit ihrer neuen Sprache, als der Storch auf der Suche nach einem leckeren Bissen vorbeischaut. Da im Tümpel nur „tschiep“ zu hören ist, fliegt er wieder davon.

Die Macht der Sprache(n)
Der kleine Vogel sperrt nun auf seiner weiteren Mamasuche die Ohren auf und hört „Wuff“, ein Hund streift durch das Gebüsch. Als kurz darauf die Katze das kluge Vogelkind wie einen Spielball hoch wirft und Anstalten macht, es zu fressen, klappt der Trick erneut. Der kleine Vogel fletscht sogar die Zähne und lernt, dass Katzen miauen. Bis zum Happyend kann er noch „kikerikiii“ und i-ah“ und damit insgesamt fünf Sprachen.
Den „Sprachen der Welt“ widmet Bilderbuchkünstler Martin Baltscheit auch sein Werk. Auf so einfache wie einleuchtende Weise kann man seiner Geschichte entnehmen, wie wichtig Kommunikation ist: um andere besser zu verstehen, sich miteinander verständigen und schützen zu können. Nur wer wie der kleine Vogel über den Tellerrand schaut und Neues kennenlernt, erlebt etwas. Dass in diesem Bilderbuch eigentlich die uralte Geschichte vom Tierkind erzählt wird, das seine Mama sucht, wird so zur Nebensache. Die musterhaft einfache, bekannte Struktur vermag kleinen Zuhörern Sicherheit zu geben, überrascht sie dann aber mit einer neuen Botschaft. Martin Baltscheit hat sich etwas einfallen lassen, um den bekannten und bewährten Erzählstoff glänzen zu lassen.

Sprachen und Lesen lernen
Oft hört oder liest man, Bilderbücher wären gut für Leseanfänger. Tatsächlich ist das aber fast nie der Fall: zu klein die Schrift, zu schwierig der Schrifttyp (um die Buchstaben gut auseinanderzuhalten), zu anspruchsvoll die Wortwahl. Hier aber sind die Sätze einfach aufgebaut und raspelkurz, der Text pro Seite von geringem Umfang und in sinnbezogenem Flattersatz angeordnet, so dass nur das, was inhaltlich zusammengehört, in einer Zeile steht.

Ein originelles Bilderbuch für Zuhörer, Erstleser und alle, die sich gerne überraschen lassen.


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Ina Nefzer

Ina Nefzer ist promovierte Germanistin mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur. 2001 bis 2006 war sie Chefredakteurin der Fachzeitschrift ESELSOHR, bis 2008 des Kindermagazins DER BUNTE HUND. Heu…
  • Titel
    Tschiep!
  • Autor:in
    Martin Baltscheit
  • Genre
    Fiction
  • Verlag
    Beltz & Gelberg
  • Erscheinungsdatum
    2018
  • Seiten
    32
  • Illustrator:in
    Martin Baltscheit
  • Bewertung