Wazn Teez?
Carson Ellis’ reduziertes Bilderbuch ist ein aufregendes, ein schönes, ein witziges Bild- und Sprachabenteuer, dessen sich auf kleinstem Raum entfaltenden Wunder der Natur nicht nur die mitspielenden Insekten Staunen lassen. Der Tipp von Silke Rabus.
„Wazn teez?“, fragt ein mit Hut und Spazierstock elegant ausstaffierter Fliegenmann und zeigt auf ein grünes, schneckenartig aufgerolltes Ding, das sich aus der platten Erde bohrt. „Mi nanüt“, antwortet ratlos die dazugehörige Fliegendame, deren hübsch verziertes Handtäschchen ebenso entzückt wie ihre auf zarten Stöckelschuhen balancierenden Beine.
Miniaturwelt aus bodennaher Perspektive
Seite für Seite sehen wir fortan aus bodennaher Perspektive den immer gleichen Ausschnitt einer sich stetig wandelnden Miniaturwelt. Wie in einem Bühnenraum liegt in der linken Ecke, vor imposant weissem Hintergrund, ein winterlich karger Baumstamm – an dem sich kopfüber eine zerzauste Raupe hochhangelt. Auf dem rechten Blatt steht das besagte Ding, das ab sofort die Hauptrolle in dem wohl mit Wasserfarben gemalten Sprach- und Bildabenteuer spielen wird. Das Ding nämlich wächst, während der Frühling seine ersten Spuren zeigt und die Raupe sich kurzerhand verpuppt.
Lustvolles Sprachspiel
Mit dem beginnenden Sommer geht auch der rätselhafte Dialog weiter: „Mi mori an Plumpse“, beobachtet ein fetter Käfer das sich aufschwingende Grün, und der runde Marienkäfer ordert „An Sprossel!“ Immer mehr Getier taucht auf, die Ranke treibt Blatt für Blatt aus, wird mittels einer Leiter erklommen, bietet Raum für eine ausladende Baumhausanlage sowie eine grosse Spinne und ihr Netz: „SCHROXXLER! TITTI SCHROXXSLER!“, rufen die Insekten empört. Das Leben ist nun einmal ein Kampf, das weiss auch der hungrige Vogel, der gleich darauf die Spinne wieder mit sich fortreisst.
Grosse Dramatik mit reduzierten Mitteln
Reduziert auf das Wesentliche, ist Carson Ellis in Illustration und Text ein aufregendes, ein schönes, ein witziges Bilderbuch gelungen. Im Kreislauf der Jahreszeiten ist alles in Bewegung, geschehen kleine und grosse Wunder. Der Jubel der staunenden Geschöpfe ist daher gross, als der grüne Spross zu blühen beginnt: „An Freuenschuh! An mirobelli Freuenschuh!“ Neben den vielen Bilddetails, die sich in immer neuen Facetten auftun, ist auch die Übersetzung zu würdigen. Aus einer Fantasiesprache, die sich ans amerikanische Englisch anlehnt, eine durchaus verständliche „deutsche“ Version zu texten, ist eine besondere Leistung. Soll man dieses Buch also lesen? Ohne Zweifel: „Jip!“
Silke Rabus
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TitelWazn Teez?
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Autor:inCarson Ellis
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GenreFiction
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VerlagNordSüd Verlag
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Erscheinungsdatum2017
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Seiten48
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Übersetzer:inJess Jochimsen und Anja Schöne
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Bewertung