Skip to main content

Die Anarchie der Buchstaben

| Fachredaktion | Jugendbuch

Ein besonderes Buch für unkonventionelle LeserInnen, meint Klaus Nowak vom Institut für Jugendliteratur zu Kate de Goldis Buch "Die Anarchie der Buchstaben". 

Montags Klavier, dienstags Förderunterricht, mittwochs Klarinette ... Kinder müssen immer beschäftigt werden. Oder? Perry hätte viel lieber ein Haustier oder mehr »Familienzeit« mit definitiv mehr Familie statt jede Menge außerschulischer Aktivitäten. Und so beginnt das Mädchen und Einzelkind, donnerstags ihre demente Großmutter Honora Lee, eine ehemalige Lehrerin, im Pflegeheim Santa Lucia zu besuchen. Oma vergisst so einiges, nicht nur immer wieder Perrys Namen und auch das gemeinsame »Ich sehe was, was du nicht siehst«-Spiel verläuft mehr als schwierig, aber Omas immer noch vorhandenes Wissen um Reime und Gedichte, ihr Faible für Wort- und Sprachspielereien bringt Perry auf die Idee, gemeinsam ein ABC-Buch zu fertigen.

Zwei außergewöhnliche Heldinnen verbünden sich in Kate de Goldis neuem Buch. Unkonventionell sind sie. Exzentrisch, bisweilen anarchisch, was auch die den Text begleitenden Bilder Gregory O'Briens überzeugend einfangen. Und wer von beiden nun Schülerin und wer Lehrerin ist, das ist bald nicht mehr so klar. Auch die Ordnung ihres Alphabets verläuft entgegen herkömmlicher Regeln. (Aber Regeln sind für Eltern, für Erwachsene mitten im Leben, die Jungen und die Alten dürfen anders. Und klar kann Perry das Alphabet auch in der richtigen Reihenfolge noch sagen. „Aber wer will das denn?")

»The ACB with Honora Lee« – so der einfachere und eingängigere Originaltitel – erzählt davon, wie wir Wissen sammeln und wie es ist, wenn es uns abhanden kommt. Und Kate de Goldi hat dabei die Tragik einer Demenzerkrankung fein ausbalanciert mit der Komik, die sich dabei im Alltag eben auch ergibt.

»Die Anarchie der Buchstaben« ist zudem eine Hymne ans gesprochene Wort, in der selbst einige Hymnen angestimmt werden, ein Buch, in dem um Worte und ihre Bedeutungen gerungen und natürlich mit Redensarten, Worten und Buchstaben gespielt wird. Ingo Herzke ist es zu verdanken, dass dieses Spiel auch im Deutschen überzeugt. Wo Perry für den Buchstaben J die Wörter »Jelly«, »Jewels« und »Jolly Odd« findet, nimmt sich der Übersetzer ein G für »Götterspeise«, »Goldschmuck« und »Ganz schön komisch« – „denn so waren die meisten Gespräche in Santa Lucia". Ganz schön komisch, aber auch frech und reizend und berührend. Ein besonderes Buch für unkonventionelle LeserInnen.


Teilen Merken

Fachredaktion

  • Titel
    Die Anarchie der Buchstaben
  • Autor:in
    Kate de Goldi
  • Verlag
    Königskinder
  • Erscheinungsdatum
    2014
  • Seiten
    160
  • Illustrator:in
    Greogory O'Brien
  • Übersetzer:in
    Ingo Herzke
  • Bewertung