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Dunkelnacht

Die Nazis wollen ihr Ende nicht wahrhaben: die Amerikaner stehen bereits am Stadtrand. 16 unschuldige Menschen werden erschossen oder erhängt. Kirsten Boie schildert mit ihrem Roman «Dunkelnacht» das Massaker, das sich Ende April 1945 in der bayerischen Kleinstadt Penzberg ereignete. Der Buchtipp der Nachwuchsredaktorin Lena Facchinetti.

April 1945: Der Zweite Weltkrieg neigt sich dem Ende zu. Doch in der bayerischen Stadt Penzberg ereignet sich die dunkelste Nacht ihrer Geschichte. Die Nazis sehen nicht ein, dass sie so gut wie verloren haben und die Amerikaner bereits am Stadtrand stehen. Die Wehrmacht befiehlt nun kurz vor Kriegsende, dass alle «Volksverräter» hingerichtet werden sollen. Mittendrin stehen Marie, Schorsch und Gustl. Die drei Jugendlichen erleben den Krieg auf unterschiedliche Weise: Marie sitzt mit ihrer Familie gebannt zuhause vor dem Rundfunk und verfolgt das angehende Kriegsende mit. Schorsch, der in Marie verliebt ist, lernt den Krieg als Sohn des Polizeimeisters Lehner von der gesetzlichen Seite her kennen. Gustl dagegen hat sich in München einer Organisation namens «Werwolf» angeschlossen, die als Untergrundbewegung Sabotageakte gegen die Alliierten verübt und nun in Penzberg Jagd auf die «Volksverräter» macht. Die Werwölfe sind es, die 16 unschuldige Menschen in dieser Nacht ermorden.

Nach einer wahren Begebenheit
Der Inhalt ist strikt mit einem historischen Ereignis verbunden. Die Hauptfiguren Marie, Schorsch und Gustl sind aber erfunden. Die drei Jugendlichen leiten die Leser:innen durch die Geschehnisse der Penzberger Mordnacht. Mit nur 112 Seiten ist «Dunkelnacht» ein kurzer und kompakter, aber ein sehr eindringlicher Roman. Die Geschichte ereignete sich zwar vor rund 76 Jahren in der bayerischen Kleinstadt Penzberg, aber dennoch ist sie lebensnah geschildert, sodass die Handlungen beim Lesen gegenwärtig scheinen.

Die Kapitel sind knapp gehalten und beschränken sich nur auf die wesentlichen Informationen. Details zur Umgebung oder ausführliche Beschreibungen verwendet Kirsten Boie nicht. Das macht es an einigen Passagen schwierig den Verlauf der Geschichte zu verstehen. Gerade bei Kapitelwechseln, bei denen ein Personen- oder Ortswechsel eintritt, schneidet dieser Schreibstil harte Kanten in den Fluss der Handlung. Die Leser:innen müssen sich daran gewöhnen, dass zum Teil grosse Handlungssprünge gemacht werden. Hilfreich ist hier, dass die Kapitel-Titel jeweils angeben, welche Personen im folgenden Abschnitt vorkommen und wann sich die Dinge ereignen. Wie zum Beispiel: «Penzberg, 28. April 1945, abends – Gustl»

Ein bemerkenswertes Nachwort
Der Roman ist in zwei Abschnitte unterteilt: «Mordtag» und «Mordnacht». Der Fokus liegt neben den drei Jugendlichen vor allem auf den 16 Menschen, die in Penzberg erhängt oder erschossen wurden. Kirsten Boie hat die Opfer alle im Anhang vermerkt. Im Glossar nennt die Autorin neben den echten Namen von Opfern und Tätern auch wichtige Begriffe und Ereignisse, wie etwa Werwolf, Wehrmacht oder NSDAP. Diese sind auf den letzten Seiten aufgelistet und definiert. Das finde ich klasse und es hat mir beim Lesen sehr geholfen.

Ich empfehle daher den Anhang und das Nachwort im Voraus zu lesen, das erleichtert den Einstieg in den Roman.

Was mich besonders beeindruckt hat, ist das Nachwort. Kirsten Boie beschreibt auf nur wenigen Seiten wie sie dazu gekommen ist so einen Roman zu schreiben. Während ihrer Recherchen sammelte sie die relevanten Fakten und schrieb ihren Roman «Dunkelnacht» nach einer wahren Begebenheit. Ausserdem schildert sie, wie fassungslos und schockiert sie war, als sie von diesem Ereignis in Penzberg erfuhr.

Kirsten Boie möchte, dass auch eine junge Generation diese schreckliche Zeit des Zweiten Weltkrieges zumindest gefühlsmässig ein wenig nachvollziehen kann: Angst, Leid, Schmerz und Hoffnung. Diese dunkle Nacht, damals in Penzberg, soll nie in Vergessenheit geraten.


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Lena Facchinetti

Lena (16) mag Musik, Filme, Biologie und Chemie. Bei Gelegenheit schnappt sie sich ein Buch und steigt in eine andere Welt hinein. Sie leitet die Kinder- und Jugendredaktion.
  • Jugendjury empfiehlt

  • Titel
    Dunkelnacht
  • Autor:in
    Kirsten Boie
  • Verlag
    Oetinger
  • Erscheinungsdatum
    2021
  • Seiten
    112
  • Bewertung