Finsterer Sommer
Konrad macht mit seiner Familie Urlaub am Atlantik und beginnt aus Langeweile einigen mysteriösen Gästen hinterher zu spionieren. Seine Entdeckungen sind verstörend. Auch, weil sie seine eigene Familie betreffen. Der Jugendbuch-Tipp von Ines Galling.
Die Ferien könnten so schön sein, findet Ich-Erzähler Konrad, wären da nicht a) seine Cousine Lisbeth, ein altkluges Wikipedia-Lexikon auf zwei Beinen, und b) das nur suboptimale Wetter an der französischen Atlantikküste. Doch Konrad findet einen Weg, sich zu beschäftigten: In der Ferienanlage lungern allerhand komische Leute herum und am Strand steht ein riesiger Bunker – ein Relikt jenes Atlantikwalls, den die Nazis in ihrem Grössenwahn im Zweiten Weltkrieg bauten. Und genau dieser Bunker zieht die geheimnisvollen Gestalten aus den umliegenden Ferienhäusern magisch an… Warum nur? Irgendwas stimmt doch hier nicht, oder…?
Von wegen Feriendetektivgeschichte
Konrad beginnt zu 'recherchieren' und findet, auch dank Liesbeths Hilfe, deren enzyklopädisches Weltwissen doch ganz nützlich ist, tatsächlich so allerhand heraus. „Finsterer Sommer“ beginnt wie eine seichte Feriendetektivgeschichte, entwickelt jedoch langsam und stetig immer mehr Tiefgang: Konrad enttarnt keine russischen Schatzsucher, nein, er bringt Licht in dunkle Familientabus und die Verstrickungen der Grosseltern mit der Nazi-Diktatur. Was zunächst wie ein harmloses Sommerferien-Abenteuer aussieht, bekommt immer weitreichendere Dimensionen. Diese sind nicht immer leicht zu durchschauen und zu entwirren. Selbst Konrad kommt nicht immer so ganz mit, wie das denn nun damals im Zweiten Weltkrieg war – doch Liesbeth weiss natürlich Bescheid. Dass sie manchmal wie ein Geschichtsbuch klingt, hat wohl Methode, denn Wildner zeigt sich auch in diesem Roman als eine Autorin mit einem guten Händchen für Figurenzeichnung und treffende Dialoge, die insbesondere die Absurditäten des Familienalltags punktgenau einzufangen vermögen.
Fachredaktion
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TitelFinsterer Sommer
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Autor:inMartina Wildner
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VerlagBeltz & Gelberg
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Erscheinungsdatum2016
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Seiten238
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Bewertung