Gegen den Strom
Yoshihiro Tatsumi ist dafür bekannt den „Gegika“, das japanische Pendant zur „Graphic Novel“, erfunden zu haben. In „Gegen den Strom“ schildert er, wie es dazu kam. Der Tipp von Bettina Wegenast.
Für Comicleser ging es hier, im deutsch- sprachigen Raum, mit den japanischen Comics, den Mangas, erst 1991 mit der Reihe „Akira“ und dem gleichnamigen Film so richtig los. Doch welcher Erzähl- und Zeichentradition „Akira“ entstammt, war und ist noch immer zu grossen Teilen unbekannt.
Natürlich ahnt man, dass da vorher schon so einiges gewesen sein muss. Osamu Tezukas „Astroboy“ beispielweise, Hayao Miyazakis „Nausikaa“ und, viel früher, die Holzschnitte von Hokusai, die mit ihren klaren Konturen stark an die europäische „Ligne Claire“ erinnerten. Aber dazwischen? Lauter Löcher. Einen Teil dieser Löcher stopft nun Yoshihiro Tatsumi mit seiner 800- seitigen Autobiographie „Gegen den Strom“.
Von der komischen Massenunterhaltung zum anspruchsvollen Autorencomic
Hier beschreibt der Zeichner seinen Weg vom Manga-Fan über verschiedene Stationen als Mangaka, als Manga-Zeichner, bis hin zum Erfinder der ambitionierten japanischen Comicerzählung, des Gekiga, dem japanischen Äquivalent zur „Graphic Novel“. Tatsumis Erzählung ist sowohl in Zeitgeschichte, als auch in japanische Verlagsgeschichte eingebettet und liest sich wunderbar glatt und frisch. Hier erfahren wir, wie und unter welchen Produktionsbedingungen sich die japanische Bilderzählung seit der Nachkriegszeit entwickelt hat und wie sie sich dabei vom Vierbild-Gag zum ausgewachsenen Comicroman gemausert hat.
Die Magie des grafischen Erzählens
Wer nach dieser Lektüre wissen möchte, welche Art von Geschichten Tatsumi am Herzen lag, kann dies in dem melancholischen Band „Existenzen und andere Abgründe“ nachlesen und wer sich für Zeichenstil und Erzählweise von Tatsumis grossem Vorbild, Osamu Tezuka interessiert, der liest am besten die leichtfüssige Erzählung „Buddha“, die glücklicherweise auch grade auf Deutsch erschienen ist.
Eines der Hauptmerkmale dieser Mangas ist sicher die Klarheit und Flüssigkeit der Erzählweise - hier weiss jedes Panel genau, warum es so aussieht und was seine Aufgabe innerhalb der Erzählung ist. Die Magie des grafischen Erzählens!
Fachredaktion
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TitelGegen den Strom
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Autor:inYoshihiro Tatsumi
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GenreComic / Graphic Novel
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VerlagCarlsen
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Erscheinungsdatum2012
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Seiten848
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Illustrator:inYoshihiro Tatsumi
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Übersetzer:inJohn Schmitt-Weigand
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