Wie das Licht von einem erloschenen Stern
Wie es ist, nach einem Unfall nicht mehr sprechen zu können? Nicole Boyle Rodtnes Roman „Wie das Licht von einem erloschenen Stern“ ist berührend, aufwühlend und trotzdem hoffnungsvoll. Der Tipp von der Nachwuchsredaktorin Nora Steiner.
Seitdem die siebzehnjährige Vega an einer Party in ein halbvolles Wasserbecken gestürzt ist, leidet sie an Aphasie. Aufgrund eines Blutgerinnsels in ihrem Gehirn ist sie nicht mehr in der Lage, Wörter zu erkennen oder zu bilden. Nur mit intensivem Training kann sie diese für uns selbstverständliche Fähigkeit wieder erlernen.
Regt zum Nachdenken an
Als Vega ihrer besten Freundin Ida, der einzigen, die sie noch besucht, von einem Traum erzählt, wie sie ins Becken gestossen wird, wendet sich diese von ihr ab. Vega beginnt, ihre Erinnerungsfragmente zusammenzusetzen, sucht auf von Fotos nach der Täterin. An einem Workshop für Betroffene lernt Vega Theo kennen. Der gleichaltrige, ebenfalls an Aphasie erkrankte Junge, unterstützt sie bei ihrer Suche – und zeigt ihr schliesslich, was wirklich wichtig ist.
Die Wut, wenn ihre Mitmenschen Vega nicht verstehen. Die Einsamkeit in den eigenen Gedanken und Gefühlen, weil sie mit niemandem darüber sprechen kann. Die Lust, die Fensterbank „loszulassen ... durch die Luft zu fliegen. Den wilden Rausch zu verspüren, ehe ich auf den Boden pralle und alles zu Ende ist. Es ist, als ob die Pflastersteine mich riefen.“
Beklemmende Echtheit
An der beklemmenden Echtheit ihrer Beschreibungen merkt man, dass Rodtnes Roman auf eigener Erfahrung beruht: Ein Familienmitglied der Autorin ist an Aphasie erkrankt. Mit ihrem Roman will sie die Aufmerksamkeit auf Menschen mit Gehirnkrankheiten lenken – dies gelingt ihr auf jeden Fall. Da sich die Lesenden so gut vorstellen können, wie sich Aphasie anfühlen muss, stellt man sich selbst die Frage, wie es wäre, mit der Krankheit zu leben. Was sich ändern würde.
Obwohl das Buch im Klappentext als Krimi dargestellt wird, ist die Suche nach „der Schubserin“ bloss eine Nebenhandlung. Das Zentrale und Spannende ist die Auseinandersetzung mit der Krankheit.
Gerade weil man so stark einbezogen ist, rührt das Ende des Buches zu Tränen – und lässt dennoch einen Hoffnungsschimmer zurück.
Kinder- und Jugendredaktion
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TitelWie das Licht von einem erloschenen Stern
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Autor:inNicole Boyle Rodtnes
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VerlagBeltz & Gelberg
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Erscheinungsdatum2016
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Seiten242
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Bewertung