Wolkenschloss
Dank einem aussergewöhnlichen Schauplatz, speziellen Charakteren und einer sympathischen Protagonistin schafft es Kerstin Gier in ihrem Roman „Wolkenschloss“ wiederum eine zauberhafte Atmosphäre aufzubauen. Die Kritik der Nachwuchsredaktorin Nora Steiner.
Hoch oben in den Schweizer Bergen liegt es, das altehrwürdige Hotel „Grand Janvier“, von allen nur „Wolkenschloss“ genannt. Obwohl es seine Glanzzeiten längst hinter sich hat, verzaubert es die 17-jährige Fanny Funke, Praktikantin und „Mädchen für alles“ immer wieder aufs Neue.
Capucchino inklusive Lebensweisheiten
Die filigranen Türmchen und Erker, die Vorhänge aus rotem Damast sowie die alten, verschnörkelten Zimmerschlüssel versetzen nicht nur Fanny, sondern auch die Leserin in eine andächtige und geradezu verzückte Stimmung. Man würde selbst gerne die verwinkelten Korridore erkunden, von den wundervollen, für „nicht perfekt genug“ erklärten Pralinen naschen oder mit dem Rezeptionisten Monsieur Rocher einen Cappuccino schlürfen und seinen Lebensweisheiten lauschen.
Zauberhaftes Weihnachtsmärchen
Obwohl Fanny allerhand erlebt, ihr etwa weiss gekleidete Zwillinge in der Schneelandschaft abhanden kommen, sie von einem 9-jährigen Gast mit Schokoladenhänden schikaniert wird oder mit dem Sohn des Hotelmanagers auf dem Dach Walzer tanzt, kommt die Handlung nur schleppend voran. Der Roman ist eigentlich als Krimi gedacht, doch richtig in Fahrt kommt er erst auf den letzten 100 Seiten. Zuvor wirkt die Geschichte eher wie ein zauberhaftes Weihnachtsmärchen.
Wortzwitz und durchdachte Charaktere
Doch Gier vermag nach wie vor mit Wortwitz und durchdachten Charakteren zu überzeugen. Sowohl unter den Gästen als auch unter dem Personal trägt jede Figur ihre ganz persönlichen Merkmale: Die Dietrichsteins, die schon seit ihrer Jugend vom Silvesterball im Wolkenschloss träumen, der 9-jährige Don, der alle mit Vor- und Nachname sowie einer Zusatzinformation anredet, oder Pavel, der im Waschraum immer Opernarien zum Besten gibt, aber den Text immer ein wenig verdreht.
Wegen eben dieser Figuren und der virtuos kreierten Atmosphäre will man als Leserin am liebsten gleich selbst im Wolkenschloss einchecken. Da stört es auch nicht, wenn die Handlung eher gemächlich voranschreitet.
Kinder- und Jugendredaktion
-
TitelWolkenschloss
-
Autor:inKerstin Gier
-
VerlagFJB
-
Erscheinungsdatum2017
-
Seiten459
-
Bewertung