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Bestimmt wird alles gut

| Fachredaktion | Kinderbuch

Eindrücklich erzählt Peter Rinnerthaler in seinem Kinderbuch "Bestimmt wird alles gut" von der Flucht einer syrischen Familie nach Deutschland. Ein Kinderbuch für alle, die verstehen wollen, wie sich ein Kind fühlt, das sich auf einen menschenunwürdigen Weg machen muss. Und ebenso ein Kinderbuch für alle jene, die geflüchtet sind und erst Worte und Bilder für ihre traumatischen Erfahrungen finden müssen.

„aturidin an takuni sadiqati“ lautet die Frage „Willst du meine Freundin sein?“ in arabischer Sprache. Diese und rund sechzig weitere „Erste Wörter und Sätze zum Deutsch- und Arabischlernen“ findet man im Anhang des Bilderbuches, das von der Flucht einer syrischen Familie nach Deutschland berichtet. Rahaf ist zehn Jahre alt, hat drei kleinere Geschwister und hat in der Schule eine neue Freundin gefunden. „Und Emma ist jetzt ihre beste Freundin, so wie Aycha zu Hause in Homs.“ In Homs beginnt die Erzählung und berichtet zuerst vom Familienleben in jener syrischen Stadt, die aufgrund der Verwüstung zum Sinnbild des Krieges und der Zerstörung geworden ist. Für die im Grunde unbeschreibbare Zerstörung nimmt Kirsten Boie die Perspektive des verängstigten Kindes ein und wählt dafür eine klare Sprachform: „Immerzu sind die Flugzeuge mit den Bomben gekommen, immerzu! Und immerzu habend die Männer auch in den Straßen gekämpft, mit Panzern und mit Gewehren. Manche Männer sind hinterher nicht mehr aufgestanden. Das hat all das Schöne kaputt gemacht.“

Auch in Jan Bircks Illustrationen wird das Schöne rasch verdrängt, indem er die Farbpalette in ganzseitigen Bildern reduziert. Das erste Bild, das zwei der Geschwister zwischen bunten Kissen im noch sicheren Privatraum und in ausgelassener Stimmung zeigt, steht im herben Kontrast zu den folgenden, in Grautönen gehaltenen Fluchtszenen. Besonders eindrücklich ist das Bild, das das Schlepper-Schiff auf offenem Meer zeigt. Das Boot wird an den rechten oberen Bildrand gesetzt. Im Vordergrund sieht man die Rückseite eines mächtigen Wals, der unter 300 dicht aneinandergedrängten Menschen hindurchschwimmen wird. Auf der gegenüberliegenden Textseite ruft währenddessen die verzweifelte Mutter: „So viele Menschen kann so ein kleines Schiff doch gar nicht tragen!“ Text und Bild lassen auf dieser Doppelseite erahnen, welchen Gefahren sich die Schutzsuchenden aussetzen müssen, um auf dem Seeweg nach Europa zu gelangen. Bis Rahaf ein freier Stuhl von einem fremden Mädchen in einem fremden Land angeboten wird, ist es noch ein weiter Weg: Hunger, Durst, Verlust jeglichen Eigentums, Angst, Beschimpfungen, Sprachbarrieren und das Gefühl des Verlorenseins sind die Begleiter der Familie und als sie endlich angekommen sind, werden sie mit dem Wort „Erstaufnahmelager“ und einer enttäuschenden Erkenntnis konfrontiert: „Und dann war das neue Zuhause doch kein Zuhause! Ein Container war es, der stand oben auf einem anderen Container, [...].“

Neben Jan Bircks Bildern, die am Ende wieder etwas an Farbe gewinnen, wird Kirsten Boies Text von Mahmoud Hassaneins Übersetzung ins Arabische begleitet. Die von rechts nach links gesetzte Schrift ist in blauer Farbe direkt unter Boies Zeilen gestellt. Auf den letzten Seiten findet man die arabischen Schriftzeichen, deren Verschriftlichung in lateinischer Schrift und die deutsche Bedeutung der kurzen Sätze wieder. So wird das kleinformatige Bilderbuch zu mehr als einem Buch, das von der Flucht einer syrischen Familie berichtet. Es ist ein Angebot an alle, die verstehen wollen, wie sich ein Kind fühlt, das sich auf einen menschenunwürdigen Weg machen muss und wohl auch ein Angebot für alle jene, die geflüchtet sind und erst Worte und Bilder für ihre traumatischen Erfahrungen finden müssen.

Die STUBE-Kröte des Monats - vorgestellt von Peter Rinnerthaler. 

 


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Fachredaktion

  • Titel
    Bestimmt wird alles gut
  • Autor:in
    Kirsten Boie
  • Verlag
    Klett Kinderbuch
  • Erscheinungsdatum
    2016
  • Seiten
    48
  • Illustrator:in
    Jan Birck
  • Übersetzer:in
    Übersetzung ins Arabische von Mahmoud Hassanein
  • Bewertung