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Clementine liebt Rot

| Fachredaktion | Kinderbuch

Sommerferien auf dem Lande: Mutige Kinder und ungelenke Erwachsene sind auf abenteuerlicher Suche nach Clementine. Wechselnde Erzählperspektiven, kuriose Verwirrungen, witzige Verwechslungen und ein überraschendes Ende. Die Kritik von Katja Wiebe.

Im Grunde ist die Geschichte rasch erzählt: Eine Gruppe von Kindern – ängstlich, mutig, clever, mitläuferisch, draufgängerisch – findet im Wald das Mädchen Erbse, das wiederum nach Clementine sucht. Zusammen machen sich die Kinder nun auf die Suche nach Clementine, genauso wie eine Gruppe Erwachsener. Und am Ende, da wird Clementine gefunden.

Verwechslungen im nächtlichen Forst
Doch so einfach wie geradlinig ist die Sache nicht: Autorin Krystyna Boglar wechselt in den Kapiteln immer wieder die Perspektiven und lässt ihre Figuren im Dunkeln tappen, was da tatsächlich vor sich geht und wer alles nach Clementine sucht. Und das ist besonders für die Leser/innen witzig! Spannend wird es beispielsweise, wenn sich die Kinder im Wald verirren, von einem Gewitter überrascht und voneinander getrennt werden. Im Unterschied zu den Leser/innen wissen die Figuren auch nicht, dass ein Reporter, ein Künstler und ein Polizist ebenfalls im Wald unterwegs sind und ihrerseits eine Mission haben bei der Suche nach Clementine.
Doch auch mit den Leser/innen wird ein grosses Verwirrspiel getrieben, wie sich ganz am Ende herausstellt: Dort zeigt sich, dass Clementine gar kein Kind ist, wie alle vermutet haben, sondern ein Zirkustier, das nur dank eines Tricks wiedergefunden wird. Und erst an dieser Stelle erschliesst sich der Titel des Buches – denn Rot fungiert als Schlüsselreiz für Clementine bei besagtem Zirkustrick.

Kinderwelt einer anderen Zeit
Dass „Clementine“ ein Kinderbuchklassiker ist, der aus einer anderen Zeit stammt – in Polen erschien es erstmals 1970 und wurde bis heute immer wieder neu aufgelegt – klingt auch in der treffenden deutschen Übersetzung von Thomas Weiler an: „Clementine“ wird getragen von einem für heutige Leser/innen zunächst altmodisch wirkenden Ton und einer fast mythischen Stimmung von nicht enden wollenden Ferien, die sich wie ein immerwährendes Spiel im Freien zwischen Gartenhäuschen, Wiese und Wald anfühlen und ohne Medien jeglicher Couleur auskommen. Manches Mal scheint Otfried Preußlers Hotzenplotz ums Eck zu blinzeln, wenn „Wachtmeister“, „Schutzmänner“ und weitere ungelenke Erwachsene mit sprechenden Namen bei der Suche nach Clementine auf den Plan treten. Die comichaften Illustrationen des polnischen Altmeisters Bohdan Butenko stammen ebenfalls aus den 1970er Jahren und bereichern den Text auf luftige, unaufdringliche Weise.


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Fachredaktion

  • Titel
    Clementine liebt Rot
  • Autor:in
    Krystyna Boglar
  • Verlag
    Gerstenberg Verlag
  • Erscheinungsdatum
    2019
  • Seiten
    165
  • Illustrator:in
    Bohdan Butenko
  • Übersetzer:in
    Thomas Weiler
  • Bewertung