Zum Hauptinhalt springen

Der Bärbeiß. Herrlich miese Tage

| Andrea Kromoser | Kinderbuch

Fast sympathisch und dann doch wieder nicht! Annette Pehnt und Jutta Bauer erzählen im zweiten Bärbeiss-Band von durchdringender Frühjahrsmüdigkeit, viel zu heissen Urlaubstagen und gefährlich-windigen Herbstabenteuern. Der Tipp von Andrea Kromoser.

Der Bärbeiss wohnt in Timbuktu. Nicht in der westafrikanischen Stadt, sondern in dem Timbuktu, das gleich hier um die Ecke liegt. Das Tingeli, einige Hasen und eine Graureiherfamilie wohnen auch dort. Manchmal kommt Marie zu Besuch. Sie "war das einzige Menschenkind, das ab und zu in Timbuktu vorbeischaute. Sie kannte alle Nachbarn und mochte den Bärbeiß besonders, weil er das schlechtgelaunteste Geschöpf war, das es gab".

Timbuktu ist eine in sich geschlossene Phantasiewelt, ein Ort für Geschichten – zum Vorlesen und Selberlesen. Während die LeserInnen der Geschichten rund um die schrullige, aber auf ihre Art sympathische Figur stets herzlich willkommen sind, darf innerhalb der Geschichte tatsächlich nur Marie dorthin.

Timbuktu erinnert an den Hundertsechzig-Morgen-Wald, das Mädchen Marie könnte eine Nachfahrin Christopher Robins sein. Denn Annette Pehnt und Jutta Bauer versammeln, wie auch Alan A. Milne und E. H. Shepard, eine illustre Runde komisch-liebenswerter Figuren, deren durchgängig harmlos endende Abenteuer sich aus Beobachtungen und Erfahrungen ihrer direkten Alltagswelt entspinnen. Freundschaft, Nachbarschaft sowie kleine Unstimmigkeiten und Zusammenhalt sind – hier wie dort – charakteristische Thematiken.

Beinahe liebenswerter Antiheld
Der Protagonist ist kein Held, eher ein Antiheld. Bärbeiss ist schlecht gelaunt und unfreundlich, er liebt Unordnung und Regentage. Veränderung oder gar Einsicht scheinen fast unmöglich. Denn auch wenn der Bärbeiss, bei all der Freundlichkeit, die ihm von seinen NachbarInnen entgegen gebracht wird, irgendwann zwischendurch mal sanfte Momente zeigt, bleibt er doch stets ein Griesgram bester Sorte. Annette Pehnt nimmt eine wohltuend konsequente Erzählhaltung ein, die Jutta Bauer in ihren stimmigen Buntstiftzeichnungen einerseits unterstreicht, andererseits in einigen Sequenzen erfrischend zu mildern weiss. Denn gerade in der bildlichen Darstellung entkommt dem Bärbeiss hin und wieder ein Lächeln, das der Text unbeirrt verschweigt.

Wo sich die Sympathie für eine Figur zwischen den Zeilen versteckt, braucht es den genialen Strich vielschichtiger Illustrationskunst! Das ist im Hundertsechzig-Morgen-Wald nicht anders als in Timbuktu.


Teilen Merken

Andrea Kromoser

Andrea Kromoser schreibt für Leporello über Bilderbücher, Kinderbücher und Jugendbücher.Andrea ist gelernte Buchhändlerin, sie hat Germanistik in Wien studiert und mittlerweile ihr Angebot familienle…
  • Titel
    Der Bärbeiß. Herrlich miese Tage
  • Autor:in
    Annette Pehnt
  • Genre
    Fiction
  • Verlag
    Hanser
  • Erscheinungsdatum
    2015
  • Seiten
    96
  • Illustrator:in
    Jutta Bauer
  • Bewertung