Der Riesentöter
Im Kinderbuch «Der Riesentöter» erzählt Autor Iain Lawrence von Kindern mit einer Krankheit, die heutige Kinder nur aus Erzählungen kennen: Polio. Tragisch und zugleich herzerwärmend. Der Tipp der Nachwuchsredaktorin Sophie Burkhalter.
Lauries Vater arbeitet bei einer Stiftung, welche sich dem Kampf gegen Polio verschrieben hat. Die Geschichte beginnt in einer Zeit, in der es noch keinen Impfstoff gab. In jenem verhängnisvollen Frühling spielte Laurie mit ihrem besten Freund Dickie am Bach. Laurie hat Glück. Ihr Freund Dickie nicht. Er steckt sich mit Kinderlähmung an und muss fortan in einer eisernen Lunge liegen, einem Kasten, aus dem nur sein Kopf herausschaut. Er ist mit Blasebälgen ausgestattet, welcher Dickies gelähmter Brustmuskulatur das Atmen abnehmen.
Lauries Vater verbietet ihr aus Angst, sie könnte sich anstecken, ihren Freund auf der Polio-Station des Spitals zu besuchen. Sie tut es aber trotzdem und lernt noch zwei andere Kinder kennen, die auch in eisernen Lungen liegen müssen: Carolyn und Chip. Sie beginnt den dreien eine Geschichte von einem Riesentöter zu erzählen. Nach und nach gesellen sich andere kleine Poliopatienten dazu, um der Geschichte zu lauschen.
Realität und Fantasie
Iain Lawrence verwebt die Realität des Krankenhauses mit der der Fantasiegeschichte. Dadurch bekommt das Buch eine gewisse Leichtigkeit und etwas Märchenhaftes. Das passt gut zum Leben auf der Poliostation: Wie Laurie entdeckt, wird dort viel gelacht. Es herrscht nicht nur bedrückte Stimmung, sondern auch Freude über kleine Fortschritte. Oder wie es Dickie formuliert: «Es ist wie im Ferienlager. Bloss dass man nie nach Hause muss. Als ob wir die ganze zeit in unseren Schlafsäcken liegen und quatschen würden.»
Voll und ganz abtauchen
Die Fantasiegeschichte vom Riesentöter ist von Anfang an packend und lebendig erzählt. Die Kinder entdecken immer mehr Parallelen zwischen der Geschichte und der Wirklichkeit. So verweben sich die beiden Handlungsstränge immer mehr, ohne dass dabei Verwirrung aufkommt.
Die Figuren im Buch sind glaubhaft und lebendig beschrieben, ebenso wie die Poliostation. So kann man voll und ganz in die Geschichte abtauchen. Berührend wird erzählt, wie es ist, Polio zu haben: Von den Behandlungen und von der Angst, als einmal der Strom und der Notstromgenerator ausfallen, die eisernen Lungen stillstehen und die Kinder mittels Froschatmung Luft in ihre Lungen zwingen müssen.
So erzählt Lawrence eindrucksvoll von Freundschaft, der Kraft der Fantasie und einer Krankheit, welche wir heute vor allem aus Lehrbüchern und Filmen kennen.
Kinder- und Jugendredaktion

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TitelDer Riesentöter
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Autor:inIain Lawrence
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VerlagFreies Geistesleben
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Erscheinungsdatum2017
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Seiten352
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Übersetzer:inAlexandra Ernst
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Bewertung