Schau!
Sachbilderbücher, die versuchen, Sehenden zu vermitteln, wie es sich anfühlt, blind zu sein, sind eine Rarität. Martina Fuchs und Nini Spagl haben sich diesem Thema mit „Schau!“ gewinnbringend genähert. Der Sachbuchtipp von Antje Ehmann.
Schon die beigelegte Karte des Blinden- und Sehbehindertenverbands macht neugierig. Sofort bekommt man Lust, die Punkte der Braille-Schrift zu tasten. "Staunen mit allen Sinnen" - lautet treffend der Untertitel dieses Sachbilderbuches. Denn schliesslich erfahren Blinde ihre Umwelt mit mehr als nur dem Sehsinn. "In meiner langjährigen Tätigkeit in einem Blindeninstitut habe ich immer wieder erlebt, wie unbegreiflich es sehenden Menschen ist, wie blinde ihre Umgebung erleben," so Martina Fuchs. Ihr Sachbilderbuch-Debüt „Schau!“ versucht genau da eine Brücke zu schlagen.
Mehr als türkis
Dazu lässt sie Herrn Soundso und Nele darüber sprechen, was ihnen zum Baum, zur Sonne oder zur Wiese einfällt. Die beiden kommen dabei zu recht unterschiedlichen Ergebnissen. Kein Wunder, denn das Mädchen nimmt ihre Umwelt nicht mit den Augen sondern mit Zunge, Nase, Fingerspitzen, Ohren und mit der Fantasie wahr! Und das ist grafisch jeweils sehr geschickt umgesetzt: Nini Spagl versteckt die Antworten des blinden Mädchens unter einer zusätzlichen Seite zum Aufklappen. Schön ist dabei auch die jeweils passende Farbgebung der Doppelseiten: das Meer ist türkis, der Stein grau und der Schnee weiss.
"Als Anregung diente mir der Dialog zwischen einem sehenden Mann und einem blinden Mädchen. Während der Mann zum Wind meinte, er weht, nahm das Mädchen zusätzlich ein Rascheln wahr, und hatte des Eindruck, der Wind tanze mit einer Plastiktüte," erinnert sich die Autorin.
Ausgezeichnet mit dem "Lesel" 2017 - dem Bilderbuch-Nachwuchspreis der St. Nikolausstiftung, des Kinderbuchhauses im Schneiderhäusl und des Tyrolia Verlags kann sich das Buch sehen lassen.
